Das Gründen eines neuen Unternehmens ist zweifellos eine Herausforderung, die mit wenigen Dingen vergleichbar ist. In erster Linie sehe ich es als einen Kampf mit mir selbst, mit meinen Gewohnheiten, Arbeitsweisen, meiner Selbstorganisation und meinem eigenen Wesen. Jede Gründung stellt individuelle Anforderungen an den Unternehmer, insbesondere wenn Ressourcen knapp sind und vieles selbst erledigt werden muss. Dabei geht es nicht nur darum, möglichst viel zu erledigen, sondern vor allem darum, sich zu einem Menschen zu entwickeln, der das Vorankommen des Unternehmens erst ermöglicht. Dies erfordert oft das Erlernen neuer Fähigkeiten, die Anpassung von Arbeitsweisen und Arbeitspensum sowie sogar eine Veränderung der Sichtweise auf Dinge.
Eine Unternehmensgründung bietet eine Möglichkeit, an der man sich abarbeiten und wachsen kann – man muss zwangsläufig wachsen. Solange man jeden Tag ein bisschen besser wird als am Tag zuvor und ein wenig mehr zu dem Menschen wird, der dieses Vorhaben benötigt, gibt man sein Bestes.
Jedoch hasse ich den Ausdruck “sein Bestes geben”, da es unmöglich ist, objektiv zu evaluieren, ob man tatsächlich sein Bestes gegeben hat. Zunächst gibt es keine klare Definition dessen, was es bedeutet, sein Bestes zu geben. Die Bewertung ist höchst subjektiv. Außerdem sind wir alle sehr kritisch mit uns selbst, während wir unsere Leistungen bei anderen Gelegenheiten entweder beschönigen oder Ausreden finden. Selbstkritik ist ein sehr volatiles Phänomen und hängt wahrscheinlich eher von unserem Gemütszustand als von unserer Leistung ab. Hinzu kommt, dass wir jeden Tag unterschiedliche Aufgaben und Rollen erfüllen müssen und Freunde, Familie und andere Verpflichtungen haben. Dies beeinflusst maßgeblich den Zeitrahmen, der uns zur Verfügung steht, um ein Vorhaben zu realisieren, und daher auch, ob wir unser Bestes geben können.
Was also können wir tun, um unsere Leistung zu evaluieren? Ein Ansatz, dem ich folge, ist recht einfach und wurde bereits in der Einleitung erwähnt: Jedes Unternehmen benötigt (in jedem Stadium) einen Unternehmer und Gründer mit bestimmten charakterlichen Eigenschaften, Fähigkeiten, Wissen und Kompetenzen. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass ich sehr früh erkenne, was von mir gefordert wird, was passieren muss, welche Leistungen abgerufen werden müssen und wie schnell das geschehen muss. Meistens ist es jedoch schwer, dies umzusetzen, insbesondere wenn es gegen meine eigenen Gewohnheiten oder Ängste geht oder ich erst Wissen und Fähigkeiten aufbauen muss. Es gilt daher, zu reflektieren und sich selbst kritisch zu betrachten: Welche Defizite habe ich bei mir selbst und habe ich heute etwas geändert, um zu dem Menschen zu werden, der ein Unternehmen (der eigenen Vorstellung) gründen und betreiben kann? Solange wir jeden Tag einen Schritt in diese Richtung gehen, haben wir unser Ziel erreicht, alles andere bei der Gründung fügt sich dann. Die Frage, ob wir unser Bestes gegeben haben stellt sich dann gar nicht mehr.