Seit Wochen grüble ich über die Rolle und die Aufgabe des Menschen angesichts der jüngsten Entwicklungen im Bereich der Künstlichen Intelligenz (KI). Ich bin zu dem Schluss gekommen, dass KI eine ähnliche Auswirkung auf die Menschheit und unsere Gesellschaft haben wird wie die Erfindung des Buchdrucks. Tatsächlich lassen sich diese beiden Entwicklungen in vielerlei Hinsicht miteinander vergleichen.
Wie die Erfindung des Buchdrucks demokratisieren auch öffentlich verfügbare KI-Systeme Wissen und Fähigkeiten. Bildung, Wissen, Kreativität und sogar die Innovationskraft jedes Einzelnen können und werden dadurch gestärkt. Der Fortschritt und die Innovationskraft der gesamten Menschheit werden daher weiterhin erheblich zunehmen. Als Vater habe ich schon lange ein Problem mit dem preußischen Bildungssystem! Der Einsatz dieser Systeme in der Bildung bietet die Möglichkeit, individuelle Fähigkeiten und Lerngeschwindigkeiten zu berücksichtigen. Dadurch werden nicht mehr Mindeststandards definiert oder bessere Arbeiter und Soldaten ausgebildet (preußisches Bildungssystem), sondern kreative, innovative Individuen mit spezifischen Kenntnissen entsprechend ihrer Interessen und Stärken.
Ebenso wie der Buchdruck die Art und Weise revolutionierte, wie Wissen und Informationen verarbeitet wurden, sind die Möglichkeiten von Künstlicher Intelligenz kaum zu überschätzen. Die Fähigkeit, große Datenmengen zu verarbeiten, Muster zu erkennen und Hypothesen aufzustellen, ermöglicht es, zu (wissenschaftlichen) Erkenntnissen zu gelangen oder Zusammenhänge zu erkennen, die weit über die Leistungsfähigkeit des menschlichen Gehirns hinausgehen. Die Entwicklung unseres Wissens und unserer Innovationskraft steigt damit weiterhin enorm an!
Die Erfindung des Buchdrucks veränderte die Gesellschaft und ebnete den Weg für die Aufklärung und unsere moderne Wissens- und Informationsgesellschaft. Ähnlich tiefgreifende gesellschaftliche Veränderungen sind auch von der KI zu erwarten. Eine Art “digitale Aufklärung” wird, wie im 18. Jahrhundert, an den Grundwerten unserer Gesellschaft rütteln und zu weitreichenden Veränderungen in Politik, Kultur und Wirtschaft führen. Dieses Mal wird es jedoch nicht Jahrhunderte dauern, bis wir diese Veränderungen sehen, sondern Jahrzehnte, wenn überhaupt.
Dies wirft ethische und philosophische Fragen auf und berührt die Grundwerte unserer Gesellschaft. Diese Überlegungen sind von größter Bedeutung, da es einen entscheidenden Unterschied zwischen dem Buchdruck und KI gibt. Künstliche Intelligenz wird auf der Grundlage unserer Texte, unserer Kommunikation, unserer kreativen Werke und Taten sowie der von uns generierten Daten trainiert. KI beeinflusst uns wiederum, und es entsteht eine Rückkopplungsschleife. Bei Feedback-Loops ist es schwierig vorherzusagen, auf welchem “Niveau” sich ein dynamisches Gleichgewicht einstellt. Diese Balance ist entscheidend für die Zukunft der Menschheit, denn was macht uns aus, wenn nicht unsere Werte und Einstellungen, unsere Art zu leben?
Eine gründliche Diskussion jedes dieser Punkte ist notwendig, und ich werde dies auch tun. Ich frage mich, ob wir genügend Wert auf Ethik, Moral und Philosophie gelegt haben, um Künstliche Intelligenz nach unserem “Vorbild” zu gestalten. Sollte es vielleicht unsere Hauptaufgabe sein, ein ethisches und tugendhaftes Leben zu führen, nicht nur für uns und unsere Gesellschaft, sondern auch im Hinblick auf die Entwicklung dieser mächtigen Systeme? Unser moralisches Handeln und unsere Entscheidungen könnten somit entscheidend für die zukünftige Entwicklung der KI sein.