Vier Räder weniger, ein Leben mehr: Die unerwarteten Freuden des autofreien Daseins

Die Anzahl der Autos steigt jährlich um 2,1 Prozent [1], was in gewisser Weise verwunderlich ist. Vielleicht verbinden wir nach wie vor ein Auto mit Freiheit, Luxus, Wohlstand und Technik. Die Marketingbudgets von weltweit etwa 35 Milliarden US-Dollar (2020) [2] sorgen dafür, dass dieser Gedanke erhalten bleibt.

Klar, für manche von uns scheint das Auto unerlässlich. Schließlich wurde in den letzten Jahrzehnten vielerorts unsere Infrastruktur und Städtebau weitgehend für den Individualverkehr mit dem Auto optimiert. Auch wir haben ein kleines Auto, das mit einem Kleinkind irgendwann sinnvoll erschien. Doch nun steht das Auto schon seit Monaten de facto ungenutzt herum. Ich finde das erstaunlich und habe versucht die Gründe zu eruieren, warum dies nun so ist:

  1. Im städtischen Bereich komme ich fast immer schneller und angenehmer mit anderen Verkehrsmitteln zum Ziel. Selbst wenn die reine Fahrzeit kürzer erscheint, addiert man die Suche nach dem Parkplatz sowie die Gehzeit von und zum Parkplatz hinzu, ist es selten attraktiv.
  2. Der wichtigste Punkt aber, die Zeit im Auto ist verlorene Zeit, zumindest wenn man selbst fährt und alleine ist (76,4 Prozent der Fahrten) [3]. In öffentlichen Verkehrsmitteln kann ich lesen, zu Fuß oder mit dem Fahrrad bewege ich mich im Freien und tue etwas Gutes für Körper und Geist – gerade als Bergsteiger mag ich diese kurzen Erholungstripps zu Fuß, selbst wenn es nur 20 Minuten sind.
  3. Für längere Fahrten im Bus oder im Zug kann ich die Zeit oft nicht nur zum Lesen nutzen, sondern auch zum Arbeiten, oft Stunden am Stück. Das bedeutet wiederum mehr Zeit für meine Familie und mich. Das Gefühl wo anzukommen und gleichzeitig etwas geschafft oder erledigt zu haben ist durchaus befriedigend.
  4. Selbst im Flugzeug gibt es nun WLAN, auch die Zeit bis zum Boarding kann sehr angenehm überbrückt oder optimal genutzt werden.
  5. Der Umweltaspekt spielt eine wichtige Rolle: Fast jedes Verkehrsmittel weist einen geringeren ökologischen Fußabdruck als das Auto auf [4].
  6. Kosten sind ein weiterer entscheidender Faktor. Allein der Unterhalt eines Autos kann sehr teuer sein, ganz zu schweigen von Mautgebühren, Parkplatzkosten und ähnlichen Ausgaben. Hinzu kommen Instandhaltungs- und Abschreibungskosten. Für das eingesparte Geld könnte man stattdessen häufig ein Uber nutzen oder bei Bedarf ein Mietauto oder einen Transporter ausleihen [5].
  7. Autofahren kann sehr stressig sein, für mich ist es das definitiv, Lange Autobahnfahrten empfinde ich ebenfalls als unangenehm – man sitz auf seinem Allerwertesten und frisst Kilometer, im schlimmsten Falle auch noch Fastfood. Wie schön ist hingegen eine Zugfahrt, eine Radtour, ein Spaziergang?
  8. Schließlich möchte ich noch hervorheben, wie viel man entdecken kann, wenn man wie ich oft Strecken bis zu 4 km zu Fuß zurücklegt: Man erkundet die Stadt, die Umgebung, entdeckt neue Restaurants, Bars, Märkte, Parks und vieles mehr. Nur dort, wo man zu Fuß unterwegs war, hat man wirklich etwas erlebt. Andernfalls entgeht einem einfach viel.

Vielleicht geht es ja so manchen auch so – vor allem die Bewegung zu Fuß ist für mich zur wirklich wahren Bereicherung geworden – Fitbit sagt mir es sind nun meist über 30.000 Schritte – dabei ist es egal wieviele es waren – es sind nämlich meist sehr sehr schöne… 🙂

[1] International Energy Agency (IEA). (2021). Global EV Outlook 2021. Abgerufen von https://www.iea.org/reports/global-ev-outlook-2021

[2] Statista. (2021). Advertising spending in the automotive industry worldwide from 2015 to 2020. Abgerufen von

https://www.statista.com/statistics/237656/global-ad-spend-in-the-automotive-sector/

[3] U.S. Department of Transportation. (2018). 2017 National Household Travel Survey. Abgerufen von

https://nhts.ornl.gov/compare.shtml

[4] Gatersleben, B., & Uzzell, D. (2007). Affective Appraisals of the Daily Commute: Comparing Perceptions of Drivers, Cyclists, Walkers, and Users of Public Transport. Environment and Behavior, 39(3), 416-431.

[5] AAA. (2021). Your Driving Costs. Abgerufen von

https://www.aaa.com/AAA/common/aar/files/Your-Driving-Costs-2021.pdf

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